GOTTFRIED HELNWEIN. Von Malerei
Gottfried Helnwein ist zweifellos einer der bekanntesten und umstrittensten hyperrealistischen Maler der Gegenwart.
Die hyperrealistische Malerei steht im Gegensatz zur Konzeptkunst, die eher metaphysische Themen verfolgt und für viele das Ende der Malerei bedeutet.
Aber die Malerei hat nie ihr Ende gefunden, hat über die Jahre weiter existiert und sich erneuert und transformiert. Obwohl die Technologie soweit fortgeschritten ist und damit scheinbar das Optimum der realistischen Bildwiedergabe erreicht hat, ist (hyper-)realistische Malerei dennoch nicht obsolet geworden, berührt das Können der menschlichen Hand nach wie vor. Der Zugang zum Geist des Betrachters besteht darin, dass nicht nur eine einzige Interpretation möglich ist, wenn das Bild auch eine Fotografie sein könnte.
Gottfried Helnwein hatte im Museum Albertina bereits in jungen Jahren seine erste Solo-Ausstellung mit Zeichnungen, eine weitere folgte 1985. Anlässlich seines 65. Geburtstag im Jahr 2013 war ihm eine große Retrospektive mit 200 ausgestellten Werken gewidmet, die dem Museum mit 250.000 Personen einen Besucherrekord für einen lebenden Künstler bescherte.
Nun hat der Künstler der Albertina sieben großformatige Gemälde geschenkt, die im Rahmen der aktuellen Ausstellung "LOOK! New Acquisitions" zu sehen sind. Den Themen, die seine gesamte Karriere geprägt haben, bleibt er auch bei dieser Auswahl treu und bietet so einen repräsentativen Ausschnitt seines Schaffens.
Bilder von verletzten Kindern ziehen sich durch die düstere Welt seiner Werke, auch immer wieder Comicfiguren und Nazis: Die Trivialkultur, hier in Gestalt von Mickey Mouse, Krieg, Kindheit, Verwundung, Opfer, Bedrohung, Leid und Gewalt, all dies begegnet dem Helnwein-Kenner in den Bildsujets wieder.
Eines der Bilder mit dem Titel „The Murmur of the Innocents 39“ zeigt ein blutverschmiertes, verwundetes Mädchen.
„Epiphany III (Presentation at the Temple 2)“, soll an die Anbetung Jesu erinnern. Es basiert auf einer Fotografie, die entstellte britische Kriegsverwundete aus dem Ersten Weltkrieg zeigt. Sie stehen um einen Tisch, auf dem ein schlafendes kleines Mädchen liegt.
Die Kunst, die Realität mit Pinselstrichen auf die Leinwand zu bannen, um sie mit Leben zu füllen verleiht ihrer Aura Kontinuität, dank seinem Vermögen, die Realität -oder Hyperrealität- mit der Vorstellungskraft zu konfrontieren. Es sind keine netten oder gefälligen Vorstellungen, seine Bilder zeigen dunkle Bereiche des Menschlichen, indem sie kontroverse aber doch simple Themen aufgreifen. Wir haben hier eine Übertretung des menschlichen Geistes mit der Einbeziehung sogar von Comicfiguren, die er seit seiner Kindheit geliebt hat. Seine Arbeit zeigt sie aber nicht von ihrer nette Seite. Es schienen kindliche Alpträume zu sein, die die bedrohlich grinsende Version von Mickey hervorgebracht haben. "Pink Mouse 2" heißt das großformatige Ölbild. Die Gesichtsausdrücke seiner Figuren zeigen mehr, oder anderes, als man als Betrachter verstehen kann. Man steht etwas gegenüber, das jenseits der sichtbaren Wirklichkeit liegt, die Figuren der Bilder ihrerseits sehen etwas das wir nicht sehen können, ihr Blick ist für uns nicht zu entschlüsseln.
Die Wirkung, die diese sieben Werke in ihrem eigenen Raum entfalten, ist weniger ihrem Realismus geschuldet als vielmehr der Intensität, die der Künstler jedem einzelnen Bild abringt. (Text: Cem Angeli)