ANNELIESE SCHRENK. Scale & Skin
Was bedeutet es, eine Haut zu haben? Für Anneliese Schrenk ist Haut weit mehr als eine biologische Hülle. Sie ist Speicher und Oberfläche zugleich – Grenze und Kontaktpunkt, Zone der Integrität und Angriffsfläche. In der Ausstellung Scale & Skin im tresor des Bank Austria Kunstforum Wien vermisst die Künstlerin die Grenzen der Haut in eindrucksvollen raumgreifenden Installationen. Ihre Befragung der Verhältnismäßigkeit von Haut „Scale & Skin“ wirkt ästhetisch, verletzlich, manchmal verstörend und immer auch Erinnerung an Geborgenheit.
In unserem Filmbeitrag begleiten uns Anneliese Schrenk und die Kuratorin Lisa Ortner-Kreil anhand ihrer grundlegenden Gedanken entlang der Werke der Ausstellung, das ist nicht bloß erläuternd, sondern vor allem gedanklich vertiefend. Man trifft auf Ausstoßhäute aus der Industrie – Leder, das Spuren trägt. Sind diese Defekte, Makel, Anzeichen von Individualität? Schrenk spannt diese Häute auf Keilrahmen, tätowiert sie und zitiert damit jenen den modernen Menschen zum beherrschenden Wesen erhebenden Zugriff des Durchdringens. Objekte aus Schlachterei, Fischerei, des im Zaum-Haltens arrangiert sie neu, lässt sie silbern glänzen - ist sie es oder sind wir es, die das Grauen festlich verkleiden?
Der Film entfaltet Bedeutungsebenen ihrer künstlerischen Praxis: Wie das Sezieren im 16. Jahrhundert einen neuen Blick auf den menschlichen Körper eröffnete, so lotet Schrenks Kunst unsere heutigen Grenzverschiebungen aus – zwischen Rohheit und Zerbrechlichkeit, zwischen Alltagsmaterialien und ritueller Aufladung. Fragmentierte Körper, verschnürte Masken, industrielles Gerät: Das Politische schleicht sich ins Formale, das Zarte wohnt dem Brutalen inne.
In dieser letzten Ausstellung des Tresor-Raums im Bank Austria Kunstforum, der über Jahre hinweg für experimentelle und radikal gegenwärtige Positionen stand, führt Schrenk ihr Werk zu einer eindrücklichen Verdichtung. Scale & Skin ist keine einfache Schau, wer sich einlässt, wird mit einem Nachhall belohnt, der unter die Haut geht.
https://www.kunstforumwien.atDas könnte Sie auch interessieren

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