ROY LICHTENSTEIN. Zum 100. Geburtstag
Roy Lichtenstein, einem der wichtigsten Vertreter der Pop-Art, widmet die Albertina in Wien eine große Retrospektive mit über neunzig Werken aus der gesamten Schaffensperiode des Künstlers.
Startend mit den Frühwerken der sechziger Jahre wird eines der Markenzeichen des Künstlers gleich sichtbar. Er hat ähnlich vielleicht wie Marcel Duchamp mit seinem Urinal, etwas ins Museum gebracht, das bis dahin nicht als museumswürdig betrachtet wurde, die Comicästhetik der sogenannten Schundhefte-Literatur. Dabei übernimmt er die Akteure der Comics, vergrößert sie und imitiert dabei auch die Spuren jener billigen Druckverfahren, in denen die Vorlagen tausendfach vervielfältigt wurden, die sogenannten Ben-Day-Punkte. Er malt sie mit Schablonen in seine Werke ein, formalistisch streng gerastert, und umgibt damit die Kriegshelden, Comic Figuren und Blondinen mit ihrem von einer Werbewirtschaft ins klischeehafte übersteigerten Ausdruck.
Diese Vorbilder sind für ihn nicht attraktiv, sondern durch ihre dem Kommerz geschuldete Vereinfachung und Übertreibung eigentlich leblos und wer will, kann darin auch eine Anklage sehen, gegen die Durchkapitalisierung der Welt in der Zeit des amerikanischen Nachkriegs-Wirtschaftswunders.
Ironische Distanz zu den Vorbildern, die er sich nimmt, ist bei Roy Lichtenstein nicht nur bei seinen comicartigen Werken zu sehen, sondern auch dann, wenn er beispielsweise den Pinselstrich - Ausdruck des Duktus eines Künstlers und Schlüssel zur Kunst des Amerikanischen Abstrakten Expressionismus - imitiert, jedoch als minutiös nachgemaltes, von jeder emotionalen Regung des Schöpfers befreites Werk oder diesen Ausdruck des künstlerischen Moments festfriert, gegossen in metallene Skulpturen.
Ein Teil der Ausstellung, der besonders zur Albertina mit ihrer grafischen Sammlung passt, widmet sich den zeichnerischen Vorarbeiten Lichtensteins. Dort wird erkennbar, dass Lichtenstein ein Planer, ein Techniker war, der seine Arbeiten zeichnerisch präzise vorbereitet hat und nichts der Regung, dem schnellen Strich überlässt.
In unserem Filmbeitrag führt uns Klaus Albrecht Schröder, Generaldirektor der Albertina, durch die Ausstellung, die mit Unterstützung und in Zusammenarbeit mit der Roy Lichtenstein Foundation und dem Roy Lichtenstein Estate realisiert werden konnte. Eine Schau die Freunde der Pop-Art genauso erfreuen wird, wie jene, die sich für die Umbrüche moderner Kunst im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit interessieren. (Text: Wolfgang Haas)
Die Ausstellung ist noch bis 14. Juli 2024 in der Albertina in Wien zu sehen.
https://www.albertina.at