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Architekturzentrum Wien - Hands On Urbanism.

22. März 2012

Ob in brasilianischen Favelas, türkischen Gecekondus oder auf der Schmelz: für Strategien der Selbstermächtigung benötigen die Bürger keinen ideologischen Überbau. Das Architekturzentrum Wien geht von 15. März bis 25. Juni 2012 in der Ausstellung "Hands-On Urbanism" den historischen und aktuellen Strategien der Stadtentwicklung von unten nach. Wir haben dazu das Ausstellungsporträt gestaltet.

Das offizielle Bild der Stadt pflegt sich auf die Konsequenzen der Stadtplanung, die repräsentativen, fassbaren Teile der Architektur und der „harten“ Infrastruktur zu konzentrieren. Generell fokussieren die Stadtplaner ihr Werk darauf, Interventionen in großem Maßstab zu planen, um qualitative Veränderungen im urbanen Umfeld zu erreichen. Auf diese Weise bleibt die informelle Stadt meistens unsichtbar. In den letzten Jahren, begleitet von einem starken Rückgang öffentlicher Investitionen und einem ungünstigen finanziellen Umfeld für diese Art Projekte, beobachtet man diverse Bürgerinitiativen in kleinerem Maßstab.

Die Herangehensweise informeller Stadtplanung beruht über weite Strecken auf Bürgerbeteiligung als wichtigem Punkt der „Konstruktion“ der Stadt. Die Bewohner als Produzenten einer bottom-up Stadtplanung stehen im Gegensatz zur bottom-down Vision der traditionellen Stadtplanung.

Gartenarbeit als Motor einer Stadtentwicklung von unten - dieses Phänomen hat die Kulturwissenschaftlerin und Kuratorin Elke Krasny in den letzten drei Jahren erforscht und dazu weltweit improvisiert entstandene urbane Grünräume besucht. Für das Architekturzentrum Wien hat Elke Krasny ihre Forschungsarbeit zu einer Ausstellung zusammengefasst: "Hands-On Urbanism – 1850 bis 2012. Vom Recht auf Grün".



Kuratorin Elke Krasny, zusammen mit Alexandra Maringer für die Gestaltung der Ausstellung verantwortlich, sieht das Gärtnerische als „seismographischen Indikator für Krise“ und als weltweites Phänomen. „In politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Drucksituationen widmen sich die Menschen vermehrt dem Grünraum und beginnen, eigenhändig Obst und Gemüse anzubauen."

Die Ausstellung widmet sich Landnahmen im urbanen Raum, den Lösungen die Stadtbewohner in Krisensituationen autonom und in Selbstorganisation entwickeln, und der Stadtentwicklung von unten, die sie betreiben. Unter dem primären Aspekt der Nahrungsbeschaffung führen Selbstbau und Selbstorganisation, autonome Aneignung von Land, und Nutzgärten zu neuen Formen des Zusammenhalts, der Nachbarschaftlichkeit und der Verteilungsgerechtigkeit. Die Schau gibt einen Überblick über selbstorganisierte, kollektive, informelle Bewegungen und über die Räume, die dadurch entstehen. Kleine Projekte können zu großen Veränderungen führen, wie historische und gegenwärtige Fallbeispiele für Stadtentwicklung von unten in Chicago, Leipzig, Wien, Bremen, Amsterdam, New York, Paris, Hongkong, Istanbul, Porto Alegre, Havanna oder Quito veranschaulichen.

Die Schau soll auch als Denkanstoß für heutige Raumplaner dienen, um Stadtbewohner aktiver in die Entwicklung urbaner Grünräume einzubeziehen. Es werden Fragen an die Verantwortung von Gestaltung durch Architekten und Stadtplanern gestellt, was diese von einer Stadtgeschichte von unten lernen und wie sie auf diese Entwicklungen reagieren können.

In „Hands-On Urbanism“ soll eine bisher ungeschriebene, alternative Stadtgeschichte erfahrbar gemacht werden, am Beispiel der Gecekondus in Istanbul, der Organopónicos in Kuba, aber auch der Schrebergartenbewegung in Wien mit ihrem Ursprung in den „Kriegsgemüsegärten“ werden Bespiele der Selbstorganisation gezeigt und der Bogen über Müllsammelinitiativen in brasilianischen Favelas bis zu organisiertem Widerstand gegen Landentwickler und Immobilienspekulanten in Hongkong gespannt.
Die selbstorganisierte Stadtplanung ist essentiell für das Überleben der Städte. Angesichts der Frage, ob die neuen digitalen Medien uns zu einem neuen Paradigma der urbanen Neueinrichtung führen, wird sich erweisen, ob die Interaktion der neuen Medien mit der Bürgerbeteiligung Räume der Selbstermächtigung eröffnet. Die Zentrierung auf Konzepte wie Transparenz, offene Prozesse und freiem Zugang zur Information führt –hoffentlich- zu einem neuen Verständnis einer humaneren Stadt. (Text: Cem Angeli)



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