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JÜRGEN MESSENSEE. Wirklichkeiten

Kategorie: Ausstellung 14. September 2013

In der im Bank Austria Kunstforum in Wien bis 6. Oktober 2013 laufenden Ausstellung zeigt Jürgen Messensee die Quintessenzen seines künstlerischen Schaffens der letzten zehn Jahre. CastYourArt hat Atelier und Ausstellung besucht und mit dem Künstler ein Porträt gestaltet.

Ergebnis kontinuierlicher Bewegung, des Zurücktretens, Schauens, sich Näherns, Strich-Führens, Farbe-Auftragens, noch einen Strich, noch einen…Ausführung der unvermeidlichen Dynamik des Unvollendeten, und prinzipiell Unvollendbaren - Versuch der Kontrolle über das Unkontrollierbare, wie im Spiel. Das Gefühl des Betrachters vor einer unaufschiebbaren Arbeit zu stehen, einer lebenswichtigen Sache.

In den Bildern Jürgen Messensees gibt es den erotischen Aspekt der Bewegung: um sich zu finden, zu begegnen oder aber wieder zu verlieren, muss man in Bewegung sein - in einer ständigen Suchbewegung.

Formen, die sich auf Frauen, Organe, Körperteile beziehen und die Oberfläche der Leinwand mit Kompositionen erforschen, die sich einem direkten symbolischen Bezug auf Naturformen entziehen. Jede dieser Figuren evoziert eine sinnliche Situation; über eine Geste, eine Körperhaltung oder einen direkten erotischen Verweis zur Umgebung.
Wie Voyeure genießen wir nicht nur das Vergnügen, das uns die Betrachtung eines anderen Wesens mit eigener sexueller Identität bereitet, aber auch jenes, eine Szene zu identifizieren die uns in einen intimen Raum transportiert und uns Anhaltspunkte über den Platz gibt, an dem sich der Anblick vor unseren Augen entfaltet. Dies bereitet uns einerseits eine Art von ästhetischem Genuss und andererseits die Möglichkeit, uns Zugang zu den diversen Seinsmodi unseres Selbst als sexuelle Wesen zu erschließen und uns zu helfen, unsere persönliche Ungewissheit etwas aufzuhellen. Diese abstrakt-figurativen Werke erzählen über die allen sinnlichen Begegnungen inhärenten Wandlungen und Beklemmungen.
In der erotischen Kunst von Jürgen Messensee begegnet uns immer wieder der Gebrauch von visuellen Synekdochen, die im Detail für ein Ganzes stehen, wo uns ein kleines Fragment mehr über die Person oder den Raum erzählen können. Ein ständiger Dialog zwischen Figuration und Abstraktion findet statt, ein Einbruch in pure abstrakte Formen, wo aber formale Strenge mit informellen Räumen kombiniert wird.

Seine Zeichen, wie Hieroglyphen, sind wie Anzeichen von einer Explosion, des Zeichens in Auflösung. Dieses Zeichen teilt etwas mit, das außerhalb seiner Reichweite liegt, nicht berührt werden kann. Daher wohl diese Konnotation mit einer Liebkosung.
Seine Bilder registrieren den Prozess ihrer eigenen Konstruktion. Der Bildraum ist das doppelte Zeugnis von spontanen Impulsen und von Antworten, die den rhythmischen Verlauf seines Diskurses kontrollieren und orientieren. Intervention zweier Bewusstseinszustände: Einer, der dem Automatismus der abstrakten Expressionisten ähnlich ist und ein anderer, Resultat handwerklichen Könnens, gekennzeichnet durch tiefe Kenntnis und Respekt gegenüber der malerischen Tradition.
Die Disziplin des Blicks findet hier eine Form, den ganzen präzisen Scharfsinn der Wahrnehmung zu artikulieren. Die lyrische Gestik verwandelt sich in einen analytischen und reflektierten Einschnitt, bei dem jedes Medium dem Künstler seine eigene visuelle Poetik zur Verfügung stellt.
In Kombination seines grafischen Talents mit seiner spezifischen Handschrift in vielfältigen Anwendungen, sammelt er alles an der Oberfläche, jedoch nur um die Bilder dann zu brechen, als eine Art Dekonstruktion, die sich auf die Nicht-Vollendung der Dinge konzentriert anstatt die unerreichbare Perfektion anzustreben.
Einmal in den Prozess vertieft, den Ausdruck seines inneren Erlebens in den Vordergrund zu verorten, kehrt Messensee zum Territorium zurück, das durch seine Kardinalpunkte begrenzt wird: Transzendenz, und die Notwendigkeit, sein Verhältnis zum Anderen auszudrücken.
Dieses Andere kann vielleicht Innerlichkeit, Erinnerung, Nostalgie, imaginiertes Erleben sein. Seine Bildwelten gehen darüber hinaus, jenseits eines Bildrepertoires von Gesten, Farben, Rhythmen und Formen, um zu bezeugen, dass sie mit Bedeutung aufgeladen sind. Nicht um darzustellen, sondern vorzustellen: die Ergebnisse von Messensees Untersuchung der Natur der Existenz. (Text: Cem Angeli)

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