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EDGAR LISSEL. Vom Werden und Vergehen der Bilder

Kategorie: Porträt 18. November 2009

Wer antritt ein Bild seiner selbst zurückzulassen, aufzuzeichnen, dass er existiert habe, reflektiert sich in diesem Tun selbst. Fotografie und Biografie, die bildgebende Kunst Edgar Lissels.

Nicht nur das Werden der Bilder, auch ihr Vergehen beschäftigt den Künstler. Und, mit Blick auf das was dazwischen liegt: Wie kann man sie festhalten? Wie sie abbilden? Im Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung Edgar Lissels steht das Medium selbst. Seine Arbeiten sind medial experimentell, sie erforschen das bildgebende Verfahren.

Leben entsteht. Leben ist vergänglich. Dazwischen liegendes will festgehalten werden durch bildgebende Verfahren. Der Mensch, sagt Lissel, sei grundsätzlich mit Bildern beschäftigt. Bilder zu produzieren liefere die Möglichkeit, sich seiner selbst zu vergegenwärtigen. Wer ein Bild seiner selbst zurücklässt, aufzeichnet, dass er existiert hat, reflektiere sich in diesem Tun selbst.

Die künstlerische Auseinandersetzung mit der bildgebenden Selbstversicherung hat Edgar Lissel zur Camera Obscura geführt. Im achtzehnten Jahrhundert als Skizzierinstrument genutzt, galt die Lochkamera als der direkteste Weg, bei dem sich die äußere Wirklichkeit allmählich auf einem lichtempfindlichen Hintergrund abbildet. Licht und Zeit sind zentrale Begriffe in den Arbeiten des Künstlers geblieben, der mit seinen Camera Obscura Arbeiten die Authentizität von Bildern hinterfragt.

In einer Welt, in der komplizierte Hilfsmittel und zeitverkürzende Verfahren im Ruf stehen, Künstliches, Unnatürliches und Unechtes hervorzubringen, scheint die Langsamkeit und Unmittelbarkeit der Bildentstehung in der "primitiven" Obscura-Fotografie ein authentisches Festhalten dessen, was entsteht und vergeht, zu erlauben.

Museumsvitrinen, LKWs und ganze Wohnungen werden zu Lochkameras umfunktioniert. Doch die Bildentstehung, die Lissel organisiert, dokumentiert nicht nur das Leben draußen. Auch der Raum, in dem das Abbild der Außenwelt entsteht, wird ins Bild gesetzt. Umrisse der in den Wohnungen verbleibenden Gegenstände brennen sich allmählich als Fotogramme auf die lichtempfindliche Materie. So wird der Entstehungsraum des Bildes und sein Entstehungsprozess mit aufgezeichnet und reflektiert.

Die Frage, wie sich diesem Prozess des Bildens, dem Bildentstehungsprozess als einer Art existentiellem Selbstzeugnis des Lebens noch etwas hinzufügen lasse, hat Edgar Lissel gereizt. Sein fotografisches Verfahren verwandelt sich in ein biografisches. Von nun an sind es Bakterien, die jene temporären Bilder formen, die er ablichtet.

Für seine Bakterienbilder arbeitet er mit Wissenschaftlern zusammen. Einerseits um den bakteriellen Veränderungsprozess inhaltlich zu verstehen, andererseits um ihn technisch bewerkstelligen zu können und künstlerisch nutzbar zu machen. Cyanobakterien, ursprüngliche Bakterien also, die schon vor dreieinhalb Milliarden Jahren existierten und für die erste Sauerstoffabspaltung in der Ursuppe verantwortlich sind, werden ein Medium, wie es für andere Künstler Farbtube und Mischpalette sind.

In der Serie "Selbstzeugnisse" projiziert Lissel zunächst mikroskopische Aufnahmen ihrer selbst auf die Bakterien, die aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit beginnen, ihre eigenen Abbilder nachzuwachsen. In Petrischalen gezüchtet, verlassen sie die Schattenpartien und siedeln sich an den lichtstarken Stellen an. Die Lichtbilder, die sie formen, werden fotografiert, anschließend wird die Lichtquelle entzogen und die Bakterienformation löst sich wieder auf. In den Werkzyklen "Selbstzeugnisse", "Vanitas", "Der Weg zum Licht", Domus Aurea" und "Myself" werden Entstehen, Vergänglichkeit und Existenz des Lebens gleich mehrfach thematisiert. Ein zerfallendes Gebäuderelikt aus vergangener Zeit, ein toter Fisch, ein verwesender Apfel, ein verdorrendes Blatt. Ab- und nachgebildet von Bakterien, die sowohl Ausgangspunkt für das Entstehen als auch für die Vergänglichkeit dieser Welt sind.

Die Fragestellung nach dem Entstehen und Verschwinden der Bilder, ihrem ephemeren Zustand, wird auch in den weiteren Werkzyklen "Pluoreszenz" und "Sphaera Incognita" von Edgar Lissel auf unterschiedliche Art und Weise verhandelt. (Text: Wolfgang Haas)

http://www.edgarlissel.de/


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