ELAINE STURTEVANT. Die Kunst sich Kunst anzueignen
Was macht ein Kunstwerk zu Kunst? Gibt es eine Aura des Authentischen? Kann die Kopie ein Original sein? Referenz oder Aneignung? Wer ist Urheber?
Appropriation, „Aneignung“ oder auch „die Kunst der Wiederholung“, als Angriff auf Schlüsselbegriffe der Kunstgeschichte wie Autorenschaft, Originalität, Kreativität und Authentizität: Die US-Amerikanerin Elaine Sturtevant (1924-2014) ist derzeit mit ihrem nahezu kompletten zeichnerischen Oeuvre von 100 Blättern in der Ausstellung "Sturtevant - Drawing Double Reversal" in der Albertina in Wien zu sehen. Sie studierte und „wiederholte“ die Arbeit von Künstlern der Pop Art wie Jasper Johns (Flags), Andy Warhol (Flowers), Roy Lichtenstein (Hot Dogs) oder auch des Ahnherrn der Konzeptkunst Marcel Duchamp, und spitzte so die Fragen um Werk, Urheberschaft und Original auf einer neuen konzeptuellen Ebene weiter zu. Gleichzeitig unterminierte sie in subversiver Weise die Gesetze des Kunstmarkts (des Kunstkäufers Traum: ein fast identer Warhol um einen ungleich günstigeren Preis). In ihrer Vereinigung aus Konzeptkunst und Pop Art kopierte Sturtevant Duchamps reproduzierte Reproduktionen, so entstehen kopierte Originale neben originalen Originalen bzw. originalen Kopien und kopierten Kopien, aus einem in Kunst verwandelten Alltagsobjekt, dem Readymade, wird das Kunstwerk nach dem Kunstwerk – nach dem Kunstwerk.
Die theoretische Rechtfertigung geht davon aus, dass die Dekontextualisierung und Wiederverwendung von existierendem Material einen neuen Zusammenhang generiert, mit eigener Bedeutung und mit einem neuen Diskurs, in dem neue Darstellungsmodi kreiert werden, in denen der Betrachter zum aktiven Agenten im Produktions- und Rezeptionsprozess des Werks wird.
Einerseits gibt es den Moment, indem ein Element aus seinem ursprünglichen Kontext entfernt wird und es eine Wesenheit und dadurch autonome Bedeutung erhält, und andererseits der Augenblick in dem wir entscheiden, es in einem neuen Zusammenhang, fern vom Original, zu inkludieren und es damit mit einer neuen Bedeutung zu belegen.
Der Künstler, der dieses angeeignete Material zusammenstellt, fügt demnach einen Mehrwert an Gültigkeit und Aktualität hinzu. (Text: Cem Angeli)
https://www.albertina.at/Das könnte Sie auch interessieren
BRIGITTE KOWANZ. Now I See
22. Juni 2010
FUCKHEAD. Dieses schöne Lied
18. Juni 2008
RUDOLF POLANSZKY. Modelle für transaggregate Strukturen
30. Mai 2011
TOBIAS PILS. Untitled
27. Juli 2017
THE BEAUTY OF DIVERSITY. Eine Ausstellung zur Vielfalt aktueller künstlerischer Positionen in den Sammlungen der Albertina
6. März 2024
DAGUERRE'S SOUP. Christian Kosmas Mayer x FOTOGRAFIS
18. April 2019
JULIAN SCHNABEL. Polaroids in der Galerie OstLicht
26. Juni 2018
