LEONARDO – DÜRER. Zeichnung auf farbigem Grund. Teil 1, Albrecht Dürer
In unserem Film begegnen sich Ralph Gleis, Generaldirektor der Albertina, und Christof Metzger, Chefkurator des Hauses, im gemeinsamen Gespräch über eine stille Revolution der Zeichenkunst: die bewusste Wahl farbig grundierter oder durchgefärbter Papiere in der Renaissance.
Im Zentrum steht die Albertina Ausstellung „Leonardo – Dürer. Meisterzeichnungen der Renaissance auf farbigem Grund“, in der das faszinierende Wechselspiel von Materialität, Farbe und künstlerischer Reflexion erstmals umfassend nachvollziehbar wird.
Die Verwendung farbiger Papiere – eine Erfindung der italienischen Renaissancekünstler um 1400 – bedeutete eine radikale Erweiterung der zeichnerischen Ausdrucksmittel. Statt wie bislang auf weißem Grund allein mit Linien und Schraffuren zu arbeiten, ermöglichte der farbige Grund neue Dimensionen der Licht- und Schattenmodellierung: Hell und Dunkel konnten subtiler abgestuft, Körper plastischer herausgearbeitet werden.
Gleis und Metzger veranschaulichen im Gespräch, wie sich diese technische Innovation verbreitete und bald auch in den nördlichen Regionen Europas – etwa bei Albrecht Dürer – aufgegriffen und eigenständig weiterentwickelt wurde.
Dabei wird deutlich: Die Wahl eines farbigen Grundes war kein Zufall, sondern zeugte von höchster künstlerischer Sensibilität. Sie bot die Möglichkeit, die Zeichnung nicht nur als Vorstufe für ein Gemälde zu begreifen, sondern als eigenständiges Medium, das Licht, Atmosphäre und psychologische Tiefe unmittelbar erfahrbar machen konnte.
Die Ausstellung verfolgt diesen Weg anhand bedeutender Blätter von Leonardo da Vinci, Albrecht Dürer und anderen Meistern der Zeit. Dabei werden nicht nur neue Einsichten in die künstlerischen Techniken eröffnet – auch der sich verändernde Blick auf den Menschen und die Welt wird sichtbar: der Weg hin zu einem differenzierten Verständnis von Individualität, Emotion und Körperlichkeit.
Unser Film lädt dazu ein, diese Umbrüche nachzuvollziehen: Die bewusste Entscheidung für farbiges Papier – oft Blau-, Rot- oder Grautöne – wird zum Spiegel eines veränderten Weltbildes. Zugleich zeigt sich, wie eng technisches Können, theoretische Reflexion und ästhetisches Empfinden miteinander verwoben sind.
So offenbart sich die Zeichnung auf farbigem Grund als ein Medium, in dem sich die Renaissance selbst spiegelt: als Zeitalter des Lichts, der Erkenntnis – und der Neuentdeckung des Menschen.
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